Bravo Hits 56 – Störerhaftung oder Wahndelikt?

Mein Mandant erhielt eine Abmahnung. Nein, nicht weil er Musik oder Filme über Bit Torrent weiterverbreitet haben soll. Sondern weil er eine stinknormale „Bravo Hits 56“ CD über eBay zum Kauf angeboten hat. Man sollte meinen, mit dem Vertrieb von ordnungsgemäß in den Handel gebrachten Musik-CDs könne ein Urheberrechtsverstoß ausgeschlossen werden. Weit gefehlt: Auf diesem Sampler befindet sich offenbar eine Aufnahme des, nun ja, „Künstlers“ Bushido. In dieser Aufnahme befinden sich jedoch Samples, Tonschnipsel von anderen Künstlern, und die fanden die unerlaubte Verwendung ihrer Musik durch Bushido so lustig, dass sie ihm und seiner Musikfirma vor dem Landgericht ihre Begeisterung darüber mitgeteilt haben. Außerdem wurde eine Anwaltskanzlei damit beauftragt, die betroffenen CDs aus dem Markt zu ziehen.

Davon konnte mein Mandant natürlich nichts wissen, und deshalb reagierte er sehr perplex auf das Abmahnschreiben, in dem man ihm nun den Vertrieb der CD vorwirft und ihn auffordert, fast 1.500 EUR an Anwaltsgebühren für die Abmahnung zu erstatten. Denn die abmahnende Kanzlei vertritt natürlich jedes Bandmitglied und berechnet entsprechende Erhöhungsgebühren gem. Nr. 1008 VV RVG.

Ich habe meinem Mandanten geraten, keinen Cent zu zahlen. Denn der Anspruch wird auf Störerhaftung gestützt. Als Störer haftet er aber nur, wenn er Prüf- und Sorgfaltspflichten verletzt hat. Und da fällt mir beim besten Willen keine Pflicht ein, die mein Mandant verletzt haben könnte. Hätte er sich vor dem Anbieten der Bravo Hits für jeden darauf enthaltenen Song vergewissern sollen, dass dieser keine Rechte irgendwelcher Dritter verletzt? Wenn man noch nicht einmal mehr CDs, die man zuvor ordnungsgemäß im Fachhandel oder auf amazon.de selbst erworben hat weiterverkaufen darf, ohne eine Inanspruchnahme als Störer befürchten zu müssen, dann weiß ich es auch nicht mehr. Die gegnerischen Anwälte berufen sich auf ein Urteil, dass in einem „ähnlichen Fall“ ergangen sei, fügen dies aber wohlweislich nicht bei. Vielleicht war dieser Fall ja auch gar nicht so „ähnlich.“

Wieder einmal aber zeigt sich: Es gibt nichts, was es nicht gibt.

9 Antworten

  1. Es wäre von Interesse, welcher Gegenstandswert hier zugrunde gelegt wurde (oder wie viele Bandmitglieder das sind): Bei den „Upload-Fällen“ liegt das Problem doch darin, dass einer potentiell unbegrenzten Zahl von Personen ein urheberrechtlich geschützes Werk zur Verfügung gestellt wird. Hier könnte die CD aber überhaupt nur einmal unter (behaupteter) Verletzung des Urheberrechts in den Verkehr gebracht werden. Schaden: Die Lizenzgebühr für den Vertrieb einer CD. Über Gebühren i.H.v. € 58,50 pro Person + 1 x 7002 RVG komme ich da gar nicht hinaus. Um auf € 1.500,00 zu kommen, bräuchte ich also rund 25 Anspruchsteller.

    1. Der Gegenstandswert wurde von den gegnerischen Anwälten mit 10.000 EUR behauptet. Angeblich habe man das in einem vergleichbaren Fall gerichtlich durchbekommen. Ich hab da so meine Zweifel.

  2. Erinnert ein wenig an die Abmahnungen wegen Verkauf von CDs von Jose Carreras und Placido Domingo bei ebay (ist schon einige Jahre her).

  3. Hat also mit der Störerhaftung überhaupt nichts zu tun. Dass es ein „Wahndelikt“ ist, möchte ich auch bezweifeln.

  4. […] Heute: Mandant verkauft eine gebrauchte BRAVO Hits CD auf eBay und wird abgemahnt. […]

  5. Hat dies auf Ein zweiter Blick rebloggt und kommentierte:
    Sachen gibts

  6. […] Eine CD “Bravo Hits 56 (örks!)” auf ihhBäh anbieten und dafür eine abmahnung mit einer kostennote von 1500 øre kassieren“. […]

  7. Leute, die Bushido-CDs besitzen, sollte man vorsorglich einknasten.

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