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Wohnflächenabweichung: Telefonische Aussage der Maklerin reicht nicht aus

Eine interessante Entscheidung verkündete vor wenigen Wochen das Landgericht München I, zuständig für Berufungssachen aus Stadt und Landkreis München. Streitig war die Frage, ob die mietvertraglich vereinbarte Wohnfläche um mehr als 10 % von der tatsächlich vorhandenen Wohnfläche abwich. Denn dann liegt nach Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Mangel der Mietsache vor, nachdem die Miete gem. § 536 BGB gemindert ist. Zudem kommt bei arglistiger Täuschung des Mieters über die Wohnfläche auch eine Anfechtung des Mietvertrages in Betracht.

Darauf berief sich also im vorliegenden Streitfall der Mieter und bezog sich auf die in einem Inserat genannte abweichende größere Wohnfläche, die ihm auch auf Nachfrage telefonisch von der Maklerin bestätigt worden sei. Der Mietvertrag selbst enthielt indes keine Angaben zur Wohnfläche. Gleichwohl war der Mieter der Meinung, diese sei aufgrund der Angaben im Inserat und der Bestätigung durch die Maklerin konkludent, also stillschweigend vereinbart worden. Das sah nun aber auch das LG München I in zweiter Instanz (LG München I, Urteil vom 21.01.2016 – 31 S 23070/14) anders: Die alleinige Angabe der Wohnfläche in einem Inserat oder Exposé stelle lediglich eine bloße Beschreibung der Mietsache dar und führe nicht zur Annahme einer konkludenten Wohnflächenvereinbarung. Auch etwaige Angaben der Maklerin müsse sich die Vermieterin nicht automatisch gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Denn diese sei nur als Erfüllungsgehilfin der Vermieterin anzusehen, wenn sie als deren Hilfsperson bei der Efüllung mietvertraglicher Pflichten auftrete.

Die Maklerin habe mit ihrer Vermittlungstätigkeit aber eine eigene Leistungspflicht gegenüber ihrem Auftraggeber erfüllt und es sei nicht ersichtlich, dass sie im Pflichtenkreis der Vermieterin tätig geworden sei. Auch reiche eine telefonische Angabe nicht aus, um die Wohnfläche zum konkludenten Bestandteil des Mietvertrages zu machen. Zwar könne laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof das konkludente Zustandekommen einer Wohnflächenvereinbarung angenommen werden, wenn dem Mieter vor Vertragsschluss Grundrisse und detaillierte Flächenberechnungen zur Verfügung gestellt worden seien. Dann spreche eine Annahme dafür, dass die Parteien die Frage der Wohnfläche als stillschweigend geklärt ansehen durften, wenn im Mietvertrag selbst dazu Angaben fehlten. Eine bloße telefonische Mitteilung der Maklerin lasse aber nicht den Schluss zu, dassdas Thema Wohnfläche für beide Parteien geklärt war. Der Mieter habe vielmehr eine Aufnahme der Daten in den Mietvertrag oder vorherige schriftliche Erläuterungen bestehen müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei hier jedenfalls nicht von einer stillschweigenden rechtlich bindenden Vereinbarung über die Wohnfläche auszugehen.

Der Mietvertrag war somit nicht anfechtbar und die Miete auch nicht wegen abweichender Wohnfläche gemindert.

Fazit:

Eine Mietminderung wegen abweichender Wohnfläche setzt eine vertragliche Vereinbarung über die vom Vermieter geschuldete Wohnfläche voraus. Eine solche Vereinbarung kann zwar auch mündlich getroffen werden, dann stellt sich aber regelmäßig die Beweisproblematik und die Frage, ob sich der Vermieter rechtlich binden wollte. Mieter sollten also stets auf eine entsprechende schriftliche Fixierung der besprochenen Fläche bestehen, wobei auch eine ca.-Angabe ausreichend ist. Vermieter sollten darauf achten, dass entweder die im Vertrag genannte Fläche zutrifft, oder auf entsprechende Formulierungen achten, die eine spätere Mietminderung bei abweichender Fläche ausschließen.

Wohnflächenabweichung: Zur Verjährung des Rückzahlungsanspruchs bei geminderter Miete

Ist die Wohnung um mehr als 10% kleiner, als im Mietvertrag vereinbart, begründet dies nach der Rechtsprechung des BGH eine Mietminderung, ohne das der Mieter darlegen muss, dass die Abweichung zu einer entsprechenden Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache führt.

Sind im Mietvertrag also 100 qm Wohnfläche vereinbart und ist die Wohnung nur 90 qm groß, wird eine Mietminderung der Bruttomiete um 10% durchzusetzen sein.

Es stellt sich dann allerdings oft die Frage, für welchen Zeitraum der Mieter rückwirkend die Miete mindern darf. Denn ein entsprechender Rückzahlungsanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren.

Stellt der Mieter im Jahr 2012 erst nach Beendigung fest, dass er von 2005 bis 2009 zuviel Miete gezahlt hat, weil die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 Prozent von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche abgewichen hat, wird der Vermieter dem Rückforderungsanspruch die Einrede der Verjährung entgegenhalten wollen.

Ist diese Einrede berechtigt?

Nein, hat nun das Landgericht München I in einer Entscheidung vom 19.12.2013 (Az.: 31 S 6768/13) festgestellt:

Die Verjährung beginnt nämlich gem. § 199 BGB erst ab Kenntnis des Mieters von den den Anspruch begründenden Umständen – oder bei grob fahrlässiger Unkenntnis.

Ohne konkreten Anlass habe der Mieter aber die Wohnfläche nicht nachmessen müssen. Diese habe sich auch nicht aufgedrängt, zumal sich die Mietsache auf mehrere Etagen erstreckt habe. Der Mieter hatte aber erst in 2012 von der Wohnflächenabweichung Kenntnis erlangt. Die Verjährung seiner Ansprüche begann also erst jetzt.

Der Mieter konnte deshalb auch in 2012 noch zuviel gezahlte Miete aus den Jahren 2005 bis 2009 erfolgreich zurückfordern – der Anspruch war noch nicht verjährt.

Beraterhinweis:

Nachmessen kann sich lohnen – auch im Nachhinein noch. Die Entscheidung des LG München I stellt klar, dass ein Anspruch auf Rückzahlung zuviel gezahlter Miete auch noch Jahre nach Beendigung des Mietverhältnisses unverjährt sein kann, wenn der Mieter erst dann von der zu geringen Wohnfläche erfahren hat. Vermieter sollten deshalb vermeiden, im Mietvertrag konkrete Flächenangaben zu machen, sofern sie sich nicht sicher sind, dass diese einer Nachmessung Stand halten.

AG Frankfurt/Main: Maklerangaben über Wohnfläche berechtigen nicht zur Minderung

Weicht die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10% von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche ab, darf der Mieter die Bruttomiete entsprechend mindern, ohne darlegen zu müssen, dass die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht unerheblich eingeschränkt ist. Dies wird dann nach ständiger Rechtsprechung des BGH unterstellt.
Wie schaut es aber aus, wenn der Mietvertrag überhaupt keine Regelung zur Wohnfläche enthält und sich der Mieter bei Anmietung allein auf die Angaben des Maklers verlässt, die dieser auf einer Internetplattform gemacht hat?

Darüber musste im September 2012 das Amtsgericht Frankfurt/Main entscheiden.

Die Mieter minderten die Miete, nachdem sich die tatsächliche Wohnfläche als 62 qm herausgestellt hatte, während die Maklerin vor der Vermietung eine Fläche von 74 qm angegeben hatte. Die Vermieterin klagte die geminderten Mieten ein.
Das Amtsgericht gab der Vermieterin recht. Denn die Wohnflächenangabe der Maklerin sei der Vermieterin nicht zuzurechnen und auch nicht konkludent Vertragsinhalt geworden. Angaben zur Wohnfläche müssten im Mietvertrag ausdrücklich geregelt sein. Die Bewerbung der Wohnung durch einen Makler mit einer bestimmten Wohnfläche reiche nicht aus, wenn keine besonderen Umstände vorlägen, die auf einen Garantiewillen des Vermieters schließen ließen.

Beraterhinweis:

Die Entscheidung des AG Frankfurt/Main ist problematisch, denn in der Regel hat der Makler seine Flächenangaben vom Vermieter und nach dem Rechtsgedanken des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB dürfte die Wohnflächenangabe des Maklers eine Beschaffenheitsangabe darstellen, mit der Folge, dass sie als vertraglich vereinbart gilt.

Auch wenn es sich nur um eine Entscheidung eines Amtsgerichts handelt, die aus den dargestellten Erwägungen möglicherweise von anderen Gerichten nicht geteilt wird, sollten Mieter bei Vertragsschluss darauf achten, eine bestimmte Wohnfläche ausdrücklich zu vereinbaren. Die üblichen Formularmietverträge enthalten dazu vorformulierte Klauseln. Andernfalls laufen sie Gefahr, bei einer abweichenden Wohnfläche an ein Gericht zu geraten, dass die Auffassung des AG Frankfurt/Main vertritt und Minderungsrechte verneint.

AG Frankfurt/Main, Urteil vom 19.09.2012 – 33 C 3082/12

BGH: Zur Verjährung von Bereicherungsansprüchen wegen überzahlter Miete

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs musste sich in einer Entscheidung vom 29.06.2011 mit der Frage beschäftigen, wann Bereicherungsansprüche des Mieters wegen überzahlter Miete aufgrund einer Wohnflächenabweichung verjähren (BGH v. 29.06.2011 – VIII ZR 30/10).

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger wegen einer Wohnflächenabweichung Rückzahlung überzahlter Miete für den Zeitraum ab Oktober 2000 begehrt.

Das Amtsgericht gab der Klage weitgehend statt, die Berufung vor dem Landgericht wurde zurückgewiesen.

Das Landgericht liess die Revision, beschränkt auf die Rückforderungsansprüche für die Jahre 2000 und 2001, zu. Die von dem Beklagten eingelegte Revision hatte Erfolg.

Der Senat vertrat die Auffassung, dass die grundsätzlich wegen überzahlter Miete bestehende Forderung des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung betreffend die Rückforderungsansprüche für die Jahre 2002 und 2001 zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Dezember 2007 verjährt war, obwohl der Mieter erst im Jahr 2007 Kenntnis von der Wohnflächenabweichung erlangt hatte.

Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB sei nämlich für die Frage der Verjährung das bis zum 01.01.2002 geltende alte Verjährungsrecht anwendbar.

Nach § 197 BGB a.F. sei es aber nicht auf die Kenntnis des Gläubigers angekommen.

Die Verjährung der Rückforderungsansprüche des Mieters bezüglich der in den Jahren 2000 und 2001 überzahlten Miete sei daher nach altem Verjährungsrecht mit Ablauf der Jahre 2004 und 2005 eingetreten, so dass die Klage diesbezüglich ohne Erfolg bleiben musste.

Beraterhinweis:

Nicht zu entscheiden brauchte der BGH über die Rückforderungsansprüche für die Jahre 2002 bis 2007. Diese waren nicht verjährt, da es nach dem seit dem 01.01.2002 geltenden Recht für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen ankommt.